kontextRkontextR

Contextual Targeting gegen den unvermeidlichen Cookie-Tod im Jahr 2022

von Chris Eberl / Samstag, 24 Oktober 2020 / Veröffentlicht in Markt & Trends, PLUS

Hektische Betriebsamkeit im Haus. Wie immer hat man abgewartet, es wird nicht so schlimm werden. Ist es doch! Fast alle wichtigen Projekte, die künftig Geld verdienen sollen – gestoppt! Anwälte, kaum zu erreichen, weil ausgebucht. Das Damokles-Schwert bedrohlich über allem schwebend, der Verlag könne die Existenz verlieren, wenn nicht fristgerecht Lösungen gefunden werden. Die Deadline, der 25. Mai 2018! Den letzten beißen die Hunde! DSGVO…

Der Niedergang des Verlagsgeschäfts lähmt zusätzlich

Ich kann mich erinnern, dass Experten auf diversen Publisher-Summits der Verbände schon Jahre vorher vor DSGVO bzw. GDPR gewarnt hatten. Dort wurde intensiv die rechtzeitige Beschäftigung mit dem Thema angemahnt.

Die wenigsten Verlage hatten ein Ohr dafür. Das resultiert meines Erachtens daher, dass Verantwortliche in einem Markt, der über Jahrzehnte unter Druck steht, selbst kaum einen Kopf und auch nicht die Zeit haben, sich um die Zukunft zu kümmern. Und selten Geld für Investments außerhalb des Kerngeschäfts. Man kauft dann eben nur neue Webseiten hinzu. Anders als bei wachstumsstarken Branchen mit integrierter Innovations-DNA.

Und wenn alle anderen Verlagskollegen das gleiche Problem haben, fühlt es sich auch nicht so erschreckend und bedrohlich an. Das individuelle Management-Versagen geht dann in einigen Jahren in einem Bulk des allgemeinen Niedergangs unter. Fingerpointing wäre dann fast schon herzlos, wo doch alle anderen ebenso gepennt haben. Unschuld durch die allgemeine Ohnmacht also.

Cookies zum Datensammeln

Bislang ging die Online Werbe- und Verlags-Industrie davon aus, dass politische Eingriffe in ihr Geschäft das Leben schwerer machen werden. Mit viel EU-Lobby wird versucht, diverse Regularien zu entschärfen. Ob DSGVO, Consent oder ePrivacy. Teilweise mit Erfolg. Es ist ja „nur“ politisch. D.h. es besteht die Chance der Einflussnahme. Schließlich sind die Medien als vierte Macht im Staat selbstbewusst und haben Einfluss auf die Karriere von Politikern.

Bei HTTP-Cookies stellt sich der Sachverhalt anders da. Die Browser-Hersteller sind die Gatekeeper.

Browser-Cookies, diese kleinen unscheinbaren HTTP-Bausteine, wurden von der Werbe-Industrie zum Marshmallow aufgeblasen.

Bei der Anwendung von Cookies handelt sich um das Sammeln unwichtiger bis sehr persönlicher Daten. Diese werden vom Webseiten-Betreiber oder Drittanbieter über den Besucher einer Webseite erhoben und an anderer Stelle oft illegal verwendet. Es gibt diverse Abstufungen, welche Cookies was tun (dürfen).

Festzustellen ist, nur mit Cookies kann effektiv nachvollzogen werden, welcher User was, wie, wann, wo auf einer Webseite oder -Applikation gemacht hat. Andere Ansätze des Zielgruppen-Matchings zu Anzeigen waren bisher nicht überzeugend oder rechtlich bedenklich.

Google distanziert sich von Cookies – die User freut´s

Selbstredend sind persönliche Daten im Zuge der Datensammel-Wut diverser Plattformen und durch die Sensibilisierung breiter Bevölkerungsteile zum Politikum avanciert. Die neuartige Nutzbarkeit der Daten, diese durch Künstliche Intelligenz zu wertvollen Informations-Vorteilen zu veredeln, verschärft die Kritik.

Und was macht ein Monopolist oder Oligopol-Kartell, wenn eine Regulierung durch die Politik eindeutig nicht abzuwenden ist? Wenn der Handlungsspielraum jedes Jahr enger wird, wo man seinen Aktionären „double-digit-growth“ versprochen hat…? Dann, ja dann wird das Problem entsorgt! Im vorauseilendem Gehorsam. Denn die Schlacht darf verloren gehen, aber nicht…

Darüber zu lamentieren ist müßig. Macht will an der Macht bleiben. Und im Netz hat vor allem Google das Sagen. Der erste Schock kam für viele Webseiten-Betreiber 2019, als Google die Publisher zwang, diverse Flags auf ihren Seiten zu setzen. Nur so kann Goolges Chrome-Browser die Seite überhaupt adäquat mit Werbung bespielen, also indem Cookies „gemachted“ werden. Sonst fallen eben alle Chrome-User aus für Anzeigen-Umsätze.

Dies hatte zur Folge, dass mancher aufgewacht ist und verstanden hat, dass der Cookie-Tod mit einem Warnschuss eingeleitet wurde. Der Schuss kam aber überraschend von der anderen, kommerziellen Seite. Nicht wie fälschlicherweise erwartet von der Politik. Und Google schob gleich die Message hinterher, „vergesst Cookies, die sind ein Auslaufmodell“.

Browser - Marktanteile weltweit bis Juli 2020 | Statista
Browser-Market-Anteile weltweit

2022 ist es soweit! Nicht nur der Firefox-Browser, der bekannt ist für seine User-freundliche Datenschutz-Prinzipien, sondern dann auch Chrome mit bald 80% Markanteil wird Cookies ins Nirvana schicken. Was, wie genau, das lässt Google noch offen. Eine erwartete Kanzler-Kandidatur gibt man auch nicht zu früh preis. Man macht sich sonst unnötig angreifbar und kann Gelegenheits-günstige Zeitfenster nicht nutzen.

Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass Google keine Schuld trifft. Firefox als nicht-kommerzielle Organisation treibt „Cookie-less“ ebenso voran. Es ist ganz natürlich, dass Organisationen im Sinne diverser zu bedienender Zielgruppen agieren. Ob für User, Werbe-Kunden oder Share-Holder. Eine Schuldzuweisung hätte lediglich zur Folge, dass Verlage untätig in der Opferhaltung verblieben und damit wirklich den eigenen Untergang vorantreiben.

DSGVO & Content – ein Klacks gegen den Cookie-Tod

Wer nun meint, „wir haben DSGVO dann auch überstanden, wir brennen unsere Mitarbeiter ad-hoc dann eben wieder für ein paar Monate aus, sobald der Termin für das Ende der Cookies feststeht“, der könnte das Toten-Glöcklein hören. Im besten Fall wird der untätige Publisher nur in einen Vasallen-Status der US-Dominanten versklavt, um den Verlag mit Werbe-Geldern überhaupt noch finanzieren zu können. Google und Facebook haben nämlich den Marktvorteil, dass sie in ihren AGBs die Zustimmung der Nutzer einholen können, um weiter Zielgruppen vermarkten zu können.

Die Verlage und die restliche Werbe-Industrie haben das Nachsehen und es eben nicht mehr selbst in der Hand, das Ende der eigenen Zielgruppen-Vermarktung abzuwenden.

Die meisten Online-Portale haben ihre Sales-Mitarbeiter bzw. Eigen-Vermarktung in Rente geschickt, nachdem Programmatic Advertising zum Mega-Trend wurde. Alles automatisiert. Geld verdienen, optimiert. Doch wenn eine Bid-Auction keine User-Daten mehr hat, gibt es kein Programmatic mehr. Zumindest die meisten Formen davon sind passé. Ausnahme das Keyword-Targeting. Kerngeschäft von Google!

Was bleibt? Kontext-Targeting?

Aus meiner Sicht – sollte es so kommen und am Ende die Cookies als Werbe-Targeting-Lösung komplett wegfallen, wie ich es erwarte – gibt es vier Lösungs-Ansätze mit denen überhaupt noch Werbe-Geld auf Webseiten verdient werden kann:

  1. Verlage vermarkten wie früher ihre Rubriken mehr oder weniger manuell und ohne spezifisches User-Targeting. Dazu müssen Mitarbeiter eingestellt werden, was schwierig wird.
  2. Nutzung neuer Targeting-Formen anstatt Zielgruppen-Targeting, wie semantisches- bzw. kontextuelles-Targeting (Keywords, Sentiment, etc.).
  3. Vermarktung der Publisher-Seite durch Google, Facebook & Co only! Per technisch aufwändiger Ansätze und durch ihr Mehrwert-behaftetes Angebot im Kerngeschäft, bringen die Giganten gleich noch die User-Consents mit. Damit erhalten diese einen noch größeren Teil des Kuchens an den Werbeerlösen. Vom politischen Einfluß und die Berichterstattung ganz abgesehen.
  4. Als Variante der Vermarktung durch die Großen ist auch ein Konsortium von Verlagen bzw. Vermarktern mit einer einheitlichen User-Authentifikation möglich. Wenngleich hier aus meiner Sicht die wirksamen Anreize fehlen. Warum sollten User sich extra einen Account anlegen und der Daten-Sammlerei zustimmen, um sich oft lästige Werbung anzeigen zu lassen. Per ePrivacy wird den Verlagen überdies absehbar untersagt, das Content-Angebot für bestimmte User zu beschränken. Anders als beim Ad-Blocker, wo manche Seiten die Inhalte sperren, wenn dieser nicht deaktiviert wurde. Diese Strategie wird erwartbar nicht aufgehen!

Fazit

Sobald in den nächsten Monaten klar wird, dass die Luft dünn wird, werden sich alle Marktteilnehmer dem Kontext-Marketing zuwenden. Mancher wird bis ins Jahr 2022 warten, mit entsprechenden Folgen.

Darauf zu hoffen, dass der eigene Vermarkter die Lösung bringen wird, gleicht einem Himmelfahrtskommando. Allein die Unsicherheit über Zielgruppen-Marketing durch Nutzerdaten, wird die Strategen auf den Plan bringen, neue Ansätze zu testen.

Corona hat gezeigt, wie schmerzlich wegbrechende Werbeumsätze sein können. Die aktuelle Consent-Problematik verdeutlich nur zu gut, dass es mit Nutzer-Daten nicht besser werden wird. Werbekunden, Agenturen, Vermarkter und Publisher werden lernen, wie ohne Ausspähen der Kunden die Werbe-Erlöse erzielt und wirksam ausgespielt werden können.

Zusatz: kontextR wird es so nicht mehr geben!

Man kann meinen, dieser Artikel wurde verfasst, um die kontextR-eigene SaaS-Lösung – es handelt sich um eine Keyword- bzw. Contextual-Targeting-Technologie – zu bewerben. Zumal kontextR genau das Consent- und Cookie-Problem löst.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir in naher Zukunft das Geschäft einstellen oder mit Glück noch an einen Übernahme-Kandidaten abgeben werden, in dessen Technologie-Stack oder Strategie die Software passt.

kontextR tritt selbst nicht als Werbe-Vermarkter auf, welches rückwirkend der Königsweg im Ad-Tech ist, aber nie unsere Expertise war. Somit fehlt die Perspektive, um eine Technologie beispielsweise in Richtung einer programmatischen Keyword-SSP weiterzuentwickeln. Dass die Plattform, in die bisher über 2Mio€ geflossen sind, incl. staatlicher Förderungen und vor allem privates Geld, auf hunderte Millionen User stabil skaliert…, geschenkt! Weil eben ohne tragfähiges Geschäftsmodell nicht haltbar!

Das klassische Startup-Dilemma: zu früh oder zu spät aufgeben!?

Wir haben uns daher entschieden, ein neues Startup zu gründen und zu fokussieren, das sich der Barrierefreiheit am digitalen Arbeitsplatz widmet. Den Cookie-Tod und die Panik der Verlags- bzw. Werbe-Industrie abzuwarten, um noch einen Schnitt zu machen, wäre für ein Startup wie unseres wohl ebenfalls tödlich.

______

  • Plus-Abos auf der Webseite boosten mit AMP

    Wer Digital-Abos als Web-Publisher anbietet, de...
  • Wie nutze ich als Vielleser Online-Inhalte und Digital-Abos?

    Dies ist ein persönlicher Erfahrungs-Bericht un...
  • Metered Model – so nutzen Größen wie SZ-Plus und Handelsblatt-Premium Paid-Content

    Sobald Online-Publisher „Paid-Content&#82...
  • neu: Link-Preview

    Bei kontextR ist unser oberstes Ziel für unsere...
  • neues Feature für Publisher: Leser können Text-Schrift vergrößern ohne Seitenbreite zu verändern (siehe Video!)

    Da kontextR spezialisiert ist auf neuartige For...
  • Mache Deine internen Links jetzt SEO relevant!

    Du hast jetzt die Möglichkeit Deine internen Ka...
  • Hover-Feature – Logos erst bei Mouse-Over anzeigen

    Manche Redaktion möchte keine Logos im Text. Es...
  • Gratis Traffic für Deine Themenseiten

    Fast alle Publisher haben mehrere duzend oder g...
  • Tipp: mit iFrame-Kampagnen Whatsapp-User gewinnen

    Viele Verlage verwenden Whatsapp-Services, um L...
  • Ergebnis aus Umfrage

    Wir haben mit Euch eine Umfrage durchgeführt, w...
  • Persönliches Kennenlernen

    Am Mittwoch bis Freitag nächste Woche 24.-27. O...
  • Neu im Cockpit – Du kannst nun iFrame-Widget Kampagnen erstellen

    Im Formular zum Erstellen für neue Kampagnen gi...

Impressum

Datenschutzerklärung

Neueste Beiträge

  • Plus-Abos auf der Webseite boosten mit AMP

    Wer Digital-Abos als Web-Publisher anbietet, de...
  • Wie nutze ich als Vielleser Online-Inhalte und Digital-Abos?

    Dies ist ein persönlicher Erfahrungs-Bericht un...
  • Metered Model – so nutzen Größen wie SZ-Plus und Handelsblatt-Premium Paid-Content

    Sobald Online-Publisher „Paid-Content&#82...

Copyright © 2012-2020 kontextR GmbH

OBEN